Jeder ist seines Glückes Schmied……?
„Ich bin doch nicht krank im Kopf“ u. ä. Äußerungen sind an der Tagesordnung, wenn es darum geht, einem Menschen deutlich zu machen, dass er gut beraten wäre, wenn er sich beraten ließe. Viele Menschen denken noch immer, ein zufriedenes Leben zu führen oder gar Glück zu empfinden, sei reine Glückssache. Und wenn das Leben nicht zur Zufriedenheit läuft, dann ist das Schicksal daran schuld, das es einfach nicht gut meint. Doch jeder Mensch hat Ressourcen, die positiv auf die Lebensführung wirken können, wenn sie denn erkannt und aktiviert werden.
In der heutigen Zeit wird uns täglich auf Schritt und Tritt suggeriert, was angeblich das Leben so angenehm macht. Der richtige Duft, das moderne Outfit, der perfekte Körper usw. scheinen der Schlüssel zum glücklichen Leben zu sein. Doch auch wenn die „äußere Fassade“ zu stimmen scheint, bleibt das ersehnte Glück oft trotzdem aus und wird um so mehr vermisst.
Das ist meist der Beginn eines Teufelskreises, denn die Unzufriedenheit wird mit noch mehr Konsum, das Suchen nach dem besonderen Kick, Partys, Alkohol usw. kompensiert.
Dies kann lange funktionieren, doch irgendwann kann der Eine oder Andere in eine tiefe Krise geraten, die ihn aus der Bahn zu werfen scheint.
Kurzzeitige Krisen lassen sich oft durch eigenständiges „Forschen“ nach den Gründen wieder aus der Welt schaffen.
In diesem Fall sind es manchmal ganz konkrete Dinge, die sich durch aktives Handeln auflösen, z.B.: durch ein klärendes Gespräch in einer Konfliktsituation, durch eine Änderung des Essverhaltens, um störende Pfunde zu verlieren, durch einen Arbeitsplatzwechsel usw.
Auch Sinneswahrnehmungen können für ein kurzzeitiges Stimmungstief verantwortlich sein, wie Gerüche, die wir unbewusst mit unangenehmen Ereignissen in Verbindung bringen, Musik, die uns an eine traurige Situation „erinnern“ usw. Je deutlicher wir unsere Gefühle und deren Auslöser verstehen und artikulieren können, desto bewusster können wir auch unser Wohlbefinden steuern.
Nun gibt es aber weitaus komplexere Gründe, die uns das Leben schwer machen können. Die Ursachen können in der Kindheit liegen, in traumatischen Erlebnissen, an schwierigen Lebensumständen, an fehlender Anerkennung, auch an diversen Kommunikationsproblemen usw. Es ist zutiefst menschlich, dass man weder sich selbst und schon gleich gar nicht einem anderen eingestehen möchte, dass es um den eigenen Seelenfrieden nicht gut bestellt ist. Die Probleme werden negiert oder verdrängt. Werden sich Menschen jedoch ihrer seelischen Zustände bewusst und gestehen sich diese ein, kann dies bereits der erste Schritt zu einer Verbesserung des Lebensgefühls bedeuten.
Oft bleiben diese seelischen Störungen leider im Unterbewusstsein und der Betroffene betrachtet sein Befinden als „Normalität“. Es werden mehr oder weniger angemessene Strategien entwickelt, um den negativen Gefühlen wenigstens kurzzeitig zu entkommen. Dadurch werden die Probleme aber lediglich verlagert und mit der Zeit kann sich daraus tatsächlich eine psychische Erkrankung entwickeln: Alkohol-, Medikamenten- und Drogenabhängigkeit, Zwangs- und Angsterkrankungen, Depressionen, Burnout etc.
Konflikthafte Lebensbedingungen in Alltag und Beruf, niedergeschlagene Stimmung, Schüchternheit, Kommunikationsprobleme, Selbstzweifel, Schuldgefühle können die Lebensqualität stark mindern, sind aber nicht grundsätzlich psychiatrischen Erkrankungen zuzuordnen. Sie belasten jedoch ebenfalls unsere Gedanken und Empfindungen und steuern unser Verhalten, unterscheiden sich jedoch deutlich in Ausprägung und ihrer Auswirkung auf den Alltag. Spätestens wenn ein selbstbestimmtes Leben nicht mehr möglich ist, können nur noch eine entsprechende Therapie oder auch gegebenenfalls Medikamente helfen.
Die Ursachen sind, wie bereits erwähnt, von Mensch zu Mensch und von Krankheit zu Krankheit unterschiedlich.
Da gibt es zum einen organische Erkrankungen, die sich auf das Denken, Fühlen und Handeln auswirken, wie z. B. Funktionsstörungen der Schilddrüse, die zu Ängsten und Depressionen führen können. Auch kann das Gehirn selbst erkrankt sein, von Geburt an, durch Viren, einen Tumor oder wie bei Demenz. Bei psychotischen Erkrankungen liegen die Ursachen im Dunkeln. Vererbung spielt jedoch sehr häufig eine Rolle. Hierzu gehören z.B.: Schizophrenie, bipolare Störung, schwere Depressionen. Neurotische Störungen, Verhaltens- und Persönlichkeitsstörungen oder auch Süchte haben ihren Ursprung entweder in der Kindheit und/oder sind Folgen traumatischer Erlebnisse.
Die Diagnosestellung ist manchmal ein „Suchspiel“. Als Anhaltspunkt dient das Diagnosemanual der WHO (ICD 10), wo die einzelnen Symptome aufgelistet und entsprechend eingeordnet sind. Ist z. B. eine organische Erkrankung als Ursache für die psychische Störung erkannt, kann sich diese, durch die Heilung der körperlichen Erkrankung, ebenfalls erholen.
Bei traumatischen Erlebnissen kann, mit deren Aufarbeitung, die Lebensqualität erheblich gesteigert werden.
Um zu einer Verbesserung des seelischen Befindens oder gar zu einer Heilung zu gelangen, gibt es viele erprobte und standardisierte Methoden, Therapien oder auch Medikamente. Nicht immer muss man die Gründe für eine psychische Störung zwangsläufig erforschen. Es gibt die Möglichkeit z. B. einer Verhaltenstherapie, gegebenenfalls unterstützt durch gut verträgliche und nebenwirksamsarme Psychopharmaka. Hier geht es also nicht um das Aufdecken der Ursache (Aufarbeiten der Vergangenheit), sondern um das Abtrainieren belastender Verhaltensmuster, Ängste, Zwänge…. Die Heilungschancen sind durchaus gegeben.
Im Folgenden geht es nun vor allem um die bereits genannten alltäglichen Konflikte und Störungen….
Bei allen Beeinträchtigungen der seelischen Gesundheit, kann eine psychologische Beratung/Therapie sehr hilfreich sein und zur Auflösung der Probleme führen. Sie ist zu verstehen als eine Form der professionellen Begleitung. Durch gezielte Fragen versucht der Berater, gemeinsam mit dem Klienten, das Problem von allen Seiten zu beleuchten, wiederkehrende, störende Handlungsstrukturen aufzubrechen und diese durch neue Handlungsmöglichkeiten zu ersetzen. Durch das „Durchspielen“ der belastenden Situationen in Gedanken, im Dialog oder im Rollenspiel, werden unbewusste, schädigende Aktionen oder Interaktionen bewusst gemacht und können dadurch leichter korrigiert werden. Eine Beratung/Therapie erfolgt in der Regel in angenehmer, wertschätzender Umgebung, Schuldzuweisungen und Bewertungen sind tabu. Der Klient bestimmt selbst, was er ansprechen und worüber er sich nicht äußern möchte. Der Berater (Therapeut) gibt jedoch keine Ratschläge, sondern führt den Betroffenen schrittweise zu dessen eigenen Lösungen, die seiner Persönlichkeit entsprechen.
Es gibt verschiedene Formen der Beratung und Therapie, wobei die Grenzen fließend sind:
Bei Kurzzeittherapien setzt der Berater direkt am „beklagten Sachverhalt“ (Problem, Symptom) an, der durch die Bewertung der Dinge bzw. das Weltbild des Patienten geprägt ist. Im Gegensatz zu tiefenpsychologischen Therapieformen, die an die Wurzeln des Problems heran wollen, geht der Berater in einer Kurzzeittherapie minimal invasiv vor (wenig eingreifend in die Biographie des Klienten). Alleine durch die Veränderung eines kleinen Umstandes oder Standardverhaltens, was zunächst ausprobiert und dann immer wieder im Alltag geübt wird, kann das Problem bereits seinen Schrecken verlieren und sich auflösen.
Dann gibt es wiederum seelische Belastungen, die eine länger dauernde Therapie erfordern. Während der Sitzung zeigt sich manchmal, dass der Kern der Lebenskrise an ganz anderer Stelle sitzt, als das vom Patienten genannte Problem. Hier ist der intuitive Spürsinn des Beraters oder Therapeuten gefragt, der den Klienten ganz vorsichtig an dieses unterschwellige Problem heranführt. Er muss Wege finden, ihn dafür zu öffnen und zu sensibilisieren und bei einem kooperativen Klienten können über die Lösung des Kernproblems auch die zuvor genannten und eher vordergründigen Probleme aufgearbeitet werden.